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Grobe Mauern, kubische Formen, Kuppeln und Rundbögen. Im klaren Licht der Dezember-Sonne leuchten die gekalkten Wände der Kirche „Puig de Missa“ in strahlendem Weiß. Vom Kirchhügel aus geht der Blick über das Meer und den Küstenstreifen und über die alte Steinbrücke des „Riu de Santa Eulària“ hinweg. Im Tal grüne Wiesen, tiefrote Erde. In der Ferne mit Pinien bewachsene Hügel. Auf dem Kirchengelände führen Steintreppen hinauf und hinunter, schmale Wege leiten die Besucher um das trutzige Gebäude bis zum Friedhof. Im Garten des Pfarrhauses ein Feigenbaum, Rosmarinbüsche, Kakteen. Daneben der mächtige halbrunde Wehrturm aus braunem Naturstein. Die Wehrkirche „Puig de Missa“ wirkt auch im 21. Jahrhundert noch uneinnehmbar wie eine Festungsanlage. Und besonders festlich ist sie jetzt in der Weihnachtszeit. , Reiseberichte, Fotos, Bilder, Reiseinformation, Reisetipps weltweit. Schreiben Sie Ihren Reisebericht. Zeigen Sie Fotos und Bilder online. Reiseerfahrung mit anderen teilen!
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IBIZA: Die göttliche Festung

Grobe Mauern, kubische Formen, Kuppeln und Rundbögen. Im klaren Licht der Dezember-Sonne leuchten die gekalkten Wände der Kirche „Puig de Missa“ in strahlendem Weiß.

Vom Kirchhügel aus geht der Blick über das Meer und den Küstenstreifen und über die alte Steinbrücke des „Riu de Santa Eulària“ hinweg. Im Tal grüne Wiesen, tiefrote Erde. In der Ferne mit Pinien bewachsene Hügel. Auf dem Kirchengelände führen Steintreppen hinauf und hinunter, schmale Wege leiten die Besucher um das trutzige Gebäude bis zum Friedhof. Im Garten des Pfarrhauses ein Feigenbaum, Rosmarinbüsche, Kakteen. Daneben der mächtige halbrunde Wehrturm aus braunem Naturstein. Die Wehrkirche „Puig de Missa“ wirkt auch im 21. Jahrhundert noch uneinnehmbar wie eine Festungsanlage. Und besonders festlich ist sie jetzt in der Weihnachtszeit.

Die Geschichte der mächtigen Kirche „Puig de Missa“

Wer an einem schönen Wintertag einen Spaziergang über den Kirchenhügel macht, sollte sich auf eine der Bänke oder Mauern setzen, die Augen schließen, und das Gesicht den wärmenden Sonnenstrahlen entgegenstrecken. Der Wind singt sein Lied in den Blättern des Eukalyptusbaums. Man fühlt sich in die Vergangenheit zurückversetzt, träumt von Zeiten, in denen unter der alten Steinbrücke noch das Flusswasser plätscherte, sich die Wasserräder der Getreidemühlen fröhlich drehten und Bauern mit ihren Mulis die fruchtbaren Felder in der Nähe des Flussbettes bewirtschafteten. Heute ist der „Riu de Santa Eulària“ längst ausgetrocknet.

Die Mühlen existieren nicht mehr, und auf vielen Feldern wachsen jetzt Wohnhäuser und Straßen, statt Getreide und Wein. Doch es besteht kein Zweifel daran, dass dieser Flecken Erde einst ein kleines Paradies gewesen sein muss. Ein Platz, der über Jahrtausende hinweg für die Menschen der Insel von großer Wichtigkeit war.

Noch Anfang des 20. Jahrhunderts gab es am „Riu de Santa Eulària“ vier Getreidemühlen aus arabischer Zeit. Und bei Ausgrabungen in der Nähe der Flussmündung entdeckten Archäologen am „Puig d’en Fita“ Fragmente aus der punischen und römischen Epoche. Auch nach der katalanischen Eroberung 1235 blieb das Gebiet um den „Puig de Missa“ von Bedeutung. Schon Anfang des 14. Jahrhunderts wurde auf dem 52 Meter hohen Hügel die erste rustikale Landkirche gebaut.

„Solche Kirchen wurden im 14. und 15. Jahrhundert in allen wichtigen Zonen der Insel errichtet. Nicht nur in Santa Eulària, sondern auch in Sant Miquel, Sant Antoni und Sant Jordi“, berichtet Pfarrer Vicent Tur Ribas, der die Kirchengemeinde von Santa Eulària seit fünf Jahren betreut.

Diese frühen Kirchen der Insel waren nicht nur ein Ort des Gebets, sie dienten vor allem dem Schutz der Bevölkerung. Denn zwischen dem 14. und 18. Jahrhundert trieben Piraten und Räuber ihr Unwesen auf dem Mittelmeer. Zu Hunderten landeten sie an den Küsten Ibizas, zogen bis weit ins Landesinnere, stahlen, was ihnen in die Hände fiel. Sie nahmen Gefangene, die sie später als Sklaven verkauften, oder für die sie Lösegelder erpressten.

Eivissa-Stadt war durch die Festungsmauer gut geschützt, zusätzlich gab es zu viele Soldaten. Deshalb wählten die Angreifer oft einfachere und lohnendere Ziele für ihre Beutezüge: In Santa Eulària und in Sant Miquel gab es Wasser im Überfluss, fruchtbare Äcker und oft reiche Ernten. Der Hafen Sant Antoni, der Portus Magnus, war schon seit römischer Epoche als wichtiger Hafen bekannt, und in Sant Jordi wurde in den nahe gelegenen Salinen das kostbare Salz gewonnen.

Besonders im August, wenn fast alle Männer der Insel in den Salzfeldern arbeiteten, nahmen die Beutezüge der Feinde zu. Wussten sie doch, dass meist nur Frauen, Kinder und alte Menschen in den Dörfern zurück blieben. Die Getreidemühlen am Riu de Santa Eulària waren eines der besonders beliebten Angriffsziele. Denn das gesamte Getreide der Stadt wurde hier gemahlen. Und mit Mehl konnte Brot gebacken werden, eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel der Bevölkerung – und auch für die Piraten!

In seinem 1998 veröffentlichten Buch „Die Geschichte der Wehrkirche Puig de Missa“ schreibt der Historiker Antonio Ferrer Abàrzuza über den Augenzeugenbericht des Müllers Antonio Torres, der am 1. Oktober 1543 einen dieser Überfälle erlebt hat: „Zwanzig Galeeren landeten vor der Flussmündung, viele Araber zogen ins Landesinnere, bis nach Balàfia, Atzaró und Arabí. Dort richteten sie Böses an. Sie konnten keine Männer erbeuten, aber drei oder vier Frauen wurden verschleppt. Wir selbst konnten drei Piraten gefangennehmen, und einen töten.“

Anfang des 16. Jahrhunderts hatten die Piratenüberfälle dermaßen zugenommen, dass die einfachen Landkirchen aus dem 14. Jahrhundert keinen ausreichenden Schutz mehr boten. Auch die in der Festungsstadt Dalt Vila stationierten Soldaten des katalanischen Gouverneurs konnten den Bauern in anderen Zonen der Insel meist nicht helfen, denn ihre vorrangige Aufgabe war es, die Stadt zu verteidigen. In dieser Zeit kam es sogar vor, dass der Gouverneur die Landbevölkerung bei schweren Angriffen aufforderte, sich nach Dalt Vila zu flüchten, und dort innerhalb der sicheren Festungsmauern den Rückzug der Angreifer abzuwarten.

Das war für viele nicht machbar, deshalb entschied der damalige Gouverneur Mitte des 16. Jahrhunderts, die Kirche von Santa Eulària müsse zur bewaffneten Wehrkirche ausgebaut werden. Der italienische Baumeister Giovanni Calví, der auch die Festungsmauern der Stadt Eivissa verstärkt hatte, wurde mit der Ausführung des Projektes beauftragt. Zwischen 1565 und 1568 wurde der Neubau schließlich auf dem Berg über Santa Eulària eingeweiht.

Jetzt verfügte die Kirche „Puig de Missa“ nicht nur über stärkere Mauern, sondern auch über eine Kanone und leichtere Artillerie. Der Festungsturm an der südlichen Fassade der Kirche war viele Meter dick aus massivem Stein gebaut worden, ein Innenraum existierte nicht. Oberhalb des Turms gab es ein Zimmer, in dem sich die Wachleute aufhalten konnten.

Beim Blick auf den fast acht Meter hohen Wehrturm fällt es leicht, sich vorzustellen, wie sich mutige Ibizenkos vom Dach des Gemäuers aus gegen die Angriffe der Piraten verteidigten. Wie sie ihre wachsamen Augen über den Horizont schweifen ließen, um nach Piratenschiffen Ausschau zu halten, oder nach Rauch- oder Feuersignalen, die bei Gefahr von den Wachtürmen an der Küste übermittelt wurden. Drohte der Ernstfall, wurde Alarm geschlagen. Frauen, Kinder und alte Menschen flüchteten sich in die Kirchen, während sich die Männer für den Kampf bereit machten. Auch kürzere Belagerungen konnten in den sicheren Mauern überstanden werden, eine Zisterne im Inneren der Festungskirche versorgte die Menschen mit Wasser.

Die Wehrkirche Santa Eulària war zur uneinnehmbaren Trutzburg geworden. Schriftliche Aufzeichnungen bestätigen dies: Anfang des 17. Jahrhunderts kam es erneut zu einer großen Schlacht. 700 bis 800 Türken waren an der Flussmündung gelandet, um die Getreidemühlen zu zerstören. Doch dank der Kanone, mit der die Wehrkirche vom Gouverneur Balthasar de Borja ausgestattet worden war, konnten die Feinde in die Flucht geschlagen werden. In ihren militärischen Berichten kommen Ibizas damalige Machthaber zu dem Schluss: Die Festungskirche Santa Eulària ist nicht einnehmbar. Es sei denn, die Piraten würden selbst Kanonen an Land bringen. Über viele Jahrhunderte hinweg diente „Puig de Missa“ dem Schutz der Bevölkerung.

Erst Mitte des 17. Jahrhunderts nahm die Bedrohung durch die Piraten langsam ab. Dies spiegelt sich auch in der Architektur der Kirche wieder. Denn nun musste man sich bei Erweiterungen nicht mehr ausschließlich an Sicherheitsaspekten orientieren. Ende des 17. Jahrhunderts wurde der „portxo“, die Kirchenvorhalle, erbaut, Kapellen entstanden, neue Türen wurden installiert. Wie zum Beispiel die „Puerta de Cala Llonga“ an der Westseite der Kirche, die auch „Porta de les Dones“ genannt wurde.

1785 wurde die Festungskirche Puig de Missa dann vom ersten Bischof Ibizas, Manuel Abad y Lasierra, in den Rang einer Pfarrkirche erhoben. Für die Landbevölkerung hatte sich das Gotteshaus in dieser Zeit schon längst zum Zentrum des sozialen Lebens entwickelt. Bedenkt man, dass es bis etwa 1950 so gut wie keine Autos auf der Insel gab, und dass die meisten Insulaner auf ihren einsam gelegenen Bauernhöfen lebten, versteht man, warum der sonntägliche Kirchgang ein wichtiger Termin im Leben der Menschen war: Sie kamen zu Fuß oder mit dem Eselskarren, saßen vor und nach dem Gottesdienst im Kirchvorhof auf den Mauern, sprachen über die Ernte, tauschten Neuigkeiten aus. Und für die jungen Leute war der Kirchbesuch eine der wenigen Möglichkeiten, auf Brautschau zu gehen.

Der mit kleinen runden Steinen gepflasterte Kirchenvorhof hat mit seinen Holzdecken, Säulen und steinernen Bänken den Charme vergangener Tage bewahrt. Von der Vorhalle aus führt eine Treppe zum Haupteingang der Kirche. Im Inneren des 12 Meter breiten und 23 Meter langen Kirchenschiffs dominiert der mit Gold überzogene Altar, den der Bildhauer José Ferreres zwischen 1674-78 gestaltete.

Dem Marqués de Lozoya, der neben der Kirche Santa Eulària ein Haus besaß, war es zu verdanken, dass dieser Altar von San Millán (im spanischen Segovia) nach Ibiza gebracht wurde. 1967 wurde er errichtet.

„Der ursprüngliche Altar in der Festungskirche aus dem 17. Jahrhundert ist wie die Heiligenbilder und Kirchenbücher während des Spanischen Bürgerkriegs 1936 verbrannt worden“, erzählt Pfarrer Tur Ribas über die düsteren Tage der Insel, als auch auf Ibiza gekämpft und gemordet wurde – und Kirchen in Flammen aufgingen.

Im Zentrum des barocken Altars befindet sich eine geschnitzte Figur der Heiligen Eulària, der Schutzpatronin des Ortes. Es ist ein Werk der valenzianischen Künstlern Carlos Ramón und Vicente Salvador. Darüber thront eine Figur der „Santa Rosa de Lima“ aus dem 18. Jahrhundert, die früher in der Konventkirche in Dalt Vila ihren Platz hatte.

Eine schmale und steile Wendeltreppe, die für Besucher nicht zugänglich ist, führt hinauf zum Glockenturm und auf das Dach des alten Gemäuers. Beim herrlichen Blick auf Meer und Landschaft erinnert sich der Pfarrer an eine Legende, der seine Kirchengemeinde eines der schönsten Feste des Jahres zu verdanken hat:

An der Küste Santa Eulàrias soll es einst direkt am Meer eine alte Kapelle gegeben haben, die als „s’Esglesia Vella“ bekannt war. An einem Sonntag Anfang Mai stürzte ein Teil dieser Kapelle ins Meer. Der Gottesdienst war gerade beendet worden, alle Besucher hatten das Gebäude verlassen, deshalb gab es weder Tote noch Verletzte.

Um dieser glücklichen Fügung des Schicksals zu gedenken, wird in Santa Eulària jedes Jahr am ersten Sonntag im Mai ein großes Fest gefeiert. Auch bei diesem Fest spielt die uneinnehmbare Trutzburg Puig de Missa eine Hauptrolle. Ebenso, wie sie es schon seit vielen Jahrhunderten getan hat. Und auch jetzt zu Weihnachten ist die Wehrkirche wieder der Mittelpunkt für das Fest, mit dem die Christen die Geburt Jesu feiern.


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Autor: Dieter
erstellt: 23.12.2005
gelesen: 2073 mal
Stichworte: Spanien, Ibiza, Santa Eularia, Insel
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