Köln - Schanghai per MOTORRAD! (I): Ukraine, Schwarzes Meer, Odessa

Schon seit Stunden sitze ich in diesem verdammten Bus.
In der abgasgeschwängerten Luft die mich umgibt hängt
zusätzlich ein penetranter Geruch von getrocknetem
Schweiß. Die Klimaanlage ist so hoch gedreht, das ich
fröstelnd den Fleecepulli überziehen musste. Mein Nachbar,
dem die Fahrt nichts auszumachen scheint, nickt alle
Paar Minuten ein, wobei sein Kopf stets langsam auf
meine Schulter sackt. So sitze ich nun auf diesem
unbequemen, durchgesessenen Kunstledersitz und
beobachte, wie draußen die Landschaft an mir
vorbeirast. Die Natur hier im Süden Chiles ist
atemberaubend. Rechts die mit Kakteen bewachsene,
rotbraune Halbwüste und links schimmert silbern der
Pazifik in der Morgensonne.
Die ganze Nacht bin ich nun schon unterwegs.
Dabei ist dies nur eine von vielen nicht enden
wollenden Busfahrten auf meiner Tour durch
Südamerika. Es ist eine Qual vorwärts zu kommen
und ich fühle mich in dieser unerträglichen Enge
um jede einzelne Stunde meiner Reise betrogen.
Hin und wieder fährt der Bus durch ein Schlagloch,
was mich für einen kurzen Moment von meinem
aufdringlichen Sitznachbarn befreit. Wie in Trance
habe ich den Blick stur auf die langgezogene
Gerade vor uns gerichtet, als plötzlich, wie aus
dem Nichts, zwei schwer bepackte Motorräder
überholen. Im Bruchteil einer Sekunde kann ich
die vielen ovalen Länderkennzeichen erkennen,
die auf den Seitenkoffern der Maschinen kleben.
Mit einem Schlenker ziehen sie am Bus vorbei
und scheren vor uns wieder ein. Leicht
hintereinander versetzt geht ihre Fahrt weiter,
wobei das Röhren der Motoren immer leiser wird.
Der Anblick ist für mich der Inbegriff von Freiheit
und Abenteuer. Noch nie zuvor, so stelle ich fest,
habe ich jemanden so beneidet, wie diese beiden
Kradfahrer in genau diesem Augenblick.
Was den Neid noch verstärkt - sie kommen aus
Deutschland. Aus Köln. Genau wie ich.

Der Moment ist wie eine Initialzündung.
In Gedanken folge ich den beiden Abenteurern auf
meinem eigenen Motorrad, bis sie schließlich am
Horizont hinter einer Kurve verschwinden.
Ich stelle mir vor, wie es wohl sein mag, überall an
dieser traumhaften Küstenstrasse anhalten zu können.

Noch an jenem Tag leiste ich mir selbst einen Schwur -
Die nächste große Reise wird mit dem Motorrad sein...