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Einmal am Pol stehen, am Schnittpunkt aller Zeitzonen, wo sechs Monate Nacht und sechs Monate Tag herrschen. Er ist der Traum aller, die das ewige Eis verzaubert hat. Das ganze mit Ski, bei eisigem Wind, berstenden Eisschollen und mit einem 50-Kilo-Schlitten als Gepäck. Die „1. Deutsche Nordpol-Ski-Expedition" erreichte von der sibirischen Station „Borneo" den nördlichsten Punkt der Erde. , Reiseberichte, Fotos, Bilder, Reiseinformation, Reisetipps weltweit. Schreiben Sie Ihren Reisebericht. Zeigen Sie Fotos und Bilder online. Reiseerfahrung mit anderen teilen!
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Abenteuer: auf Skiern zum Nordpol!

...übers Packeis

Seit Stunden taumeln wir auf schwankendem Boden durch die zu Eis erstarrten Wogen der Polarsee und Windböen voller Schneestaub, der in den Augen beißt und die Nasen frostet. Keine Spur weist die Richtung. Es ist der etwas andere Urlaub: Die 1. Deutsche Nordpol-Ski-Expedition zieht ihre Schlitten über das Packeis. Ausgerechnet jetzt frischt der Wind auf, den wir so fürchten. Und immer wieder hemmen uns diese verfluchten Wasserrinnen. Durch Eistürme hacken wir mit einem schweren Bauarbeiterpickel eine ruppige Rinne. Über große Klötze hieven wir die Ski und die wannenförmigen Pulkas. Keine Spur weist die Richtung durch dieses „Labyrinth des gefrorenen Irrsinns", wie es Polareleve Freddy treffend formuliert.

In acht Skitourenstunden schaffen wir nur knappe drei Kilometer Luftlinie in Richtung Ziel. Geschätzte 18 Kilometer sind wir durch Rauheis, Pulverschnee und Eisschlamm gespurt. Und im Biwak verlieren wir durch die Drift wieder zweikommafünf Kilometer. Fast eine Nullrunde. Ein Kampf mit wandernden Eisschollen, düsteren Wasserrinnen und unüberwindbaren Eiswänden bei minus 35 Grad. Es gibt keine Garantie, den magischen Punkt zu erreichen - die unberechenbare Natur ist das bestimmende Element. Gerade diese aufreizende Ungewißheit stimuliert uns. Wie viele vor uns haben es nicht geschafft, die „Schrecken des Eises und der Finsternis" (Christoph Ransmayr) erfolgreich zu bestehen?

Das Terrain wird ebener. Das GPS lügt nicht: Wir haben in der letzten Stunde tatsächlich eine Bogenminute geschafft. Das ist eine nautische Meile, 1852 Meter. Hochstimmung kommt auf. Ein metallisch schimmernder Wasserlauf, „breit wie der Mississippi", gibt der Euphorie einen Dämpfer. Er wird uns wieder einige Stunden Umweg kosten. Sollen wir warten, bis das Eiswasser gefroren ist?

Ausnahmsweise herrscht heute ein Zaubertag ohne Wind, aber mit grimmigen Temperaturen. Die Kapuzenfelle sind fotogen vereist. Eine Polexpedition aus eigener Kraft ist ein enervierendes Unterfangen über eine Buckelpiste olympischen Formats. Am 30. April wird uns der Hubschrauber zurück zur Station liften. Den russischen Piloten ist es egal, wie weit wir dann vom „Dach der Welt" entfernt sind. Bis dahin spuren wir in totaler Autonomie und pullen unsere 50-Kilo-Schlitten in Richtung des magischen Punkts.

Der Nordpol ist der Schnittpunkt aller Zeitzonen und kennt nur zwei Tage: ein halbes Jahr Nacht, sechs Monate Tag. Am Pol, dem eisigen Mythos allen Entdeckertums, laufen alle Längengrade zusammen. Von hier aus geht es nur noch nach Süden. Im Jahr, als Kolumbus Amerika entdeckte, erfand Martin Behaim den ersten Prototyp der Erdkugel und brachte damit deren Gestalt erstmals plastisch ins Bewußtsein der Menschen. Und er weckte die Begierde, diese mathematische Fixierung zu erobern. Tigieha, der „Große Nagel", nennen ihn die Inuit weil sie glauben, daß ganz „oben" ein Eisenstück steckt. Frühere Seefahrer fürchteten, daß ihnen ein starkes Magnetfeld die Nägel aus den Planken der Schiffe ziehen würde. Werden wir die Erdachse quietschen hören?

Eiskalt erwischt
Eine Allianz des Todes und der Schönheit
90 Grad Nord sind nicht greifbar
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Autor: Michael Vogeley
erstellt: 07.10.2003
gelesen: 7743 mal
Stichworte: Nordpol, Arktis, Arktis, Abenteuer
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