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Reiseziel ist Karumba am Golf of Carpentaria. Eine Strassenkarte habe ich gerade noch gekauft, viel wert ist sie nicht, aber es gibt in Australien keine ordentlichen Landkarten. Mal sehen, wie weit ich heute komme !? (Text gekürzt) Ausführlicher Bericht: www.storyal.de , Reiseberichte, Fotos, Bilder, Reiseinformation, Reisetipps weltweit. Schreiben Sie Ihren Reisebericht. Zeigen Sie Fotos und Bilder online. Reiseerfahrung mit anderen teilen!
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Australien: 5000 Kilometer durchs Outback

KARUMBA ... AM ENDE DIESER WELT

Ich wache auf, der halbe Mond guckt mir durch mein Zeltfenster ins Gesicht. 5:50 Uhr, noch ist es dunkel. Am Horizont ein erster heller Streifen, über mir ein verblassender Sternenhimmel. Die Nacht war schwül und heiss: Um 20 Uhr war es 30 Grad, 27° noch um Mitternacht, als der Jupiter das Zenit erreicht hatte und jetzt sind es 23° vor dem Sonnenaufgang. Kreischende Kakadus, alle grau mit rotem Kopf und roten Unterflügeln, überfliegen den CarPark und streiten sich in den umliegenden Bäumen. Ich stehe auf, gehe mich in dem Toilettenhäuschen rasieren und duschen. Hier hat ein Outback-Designer seinen Farbtraum realisiert: Alles ist rosa, abgesetzt mit einem satten Grün ...!

Wahrscheinlich wurde er von den grünen Fröschen inspiriert, die sicher hier auch schon vor 10 Jahren im Spülkasten des PP gewohnt haben. Sie gucken stumm und unbeweglich über den Rand ihrer Welt, den einen Arm lässig über den anderen geschlagen. Ein Aufkleber am Spülkasten wirbt für den Dienst in der australischen Navy – wie passend, vielleicht sucht man gerade Nachwuchs für die Froschmänner? Ein Frosch klebt regungslos in Gürtelhöhe an der rosa Wand. Er war auf einer nächtlichen Expedition und will jetzt zurück in den Spülkasten, aber der Weg ist so entsetzlich weit und anstrengend ... Wo sind die vielen Ameisen, die gestern hier hektisch und mit erstaunlicher Geschwindigkeit die Wände hoch gelaufen sind und präzise Strassen eingerichtet hatten? Haben die Frösche sie alle aufgefressen? Unwahrscheinlich. Machen sie Pause oder ist gerade Morgenappell?

Vorsicht bei der Dusche, die beiden Hähne sind altersschwach und in unregelmässigen Schüben wird das Wasser kochend heiss – dabei ist hier in erster Linie die kalte Dusche gefragt. Vor dem rosa Bau mit Fröschen, Dusche und WC ein Windrad. Es dreht sich lautlos im leichten Morgenwind. Ein Flügelblatt fehlt schon lange, eine Pumpe ist auch nicht mehr angeschlossen, aber die Lager funktionieren noch einwandfrei. Es wird nicht mehr gebraucht, trotzdem wird es sich noch viele Jahre umsonst drehen. Niemand achtet darauf, keiner sieht es mehr. Im Camp ist schon vor Sonnenaufgang viel Bewegung: Aufbruch, Werkzeug zusammen packen, Laster werden beladen und gestartet: Um 6 Uhr ist Arbeitsbeginn. Die Männer mit den verwegenen Hüten, bunten Hemden, kurzen Hosen und den schweren Stiefeln an den Füssen steigen aus ihren Containern, in denen sie die schwüle Nacht verbracht haben: Aufbruch zur Arbeit. Der Trucker kontrolliert vor dem Club Motel seinen Road Train mit den drei riesigen Anhängern. Dann startet er und fährt donnernd durch die breiten, menschenleeren Strassen, in denen nur die Kakadus davon Notiz nehmen, die aufgereiht auf den Freileitungen sitzen. Sie flattern aufgeregt und schreiend auf, landen aber nach kurzer Zeit wieder gemeinsam in einem Baum an der Strasse. Keine Bewegung im Palace Hotel. Die Bar ist dicht, der Dining Room und alle anderen Eingänge sind verrammelt und verschlossen. Hier ist nur am Abend was los und meistens wird es eine lange Nacht. Also kann man nicht schon um 6 Uhr aufstehen. Nachdem die Arbeiter das Camp verlassen haben und einige Trucks und Laster abgefahren sind, tritt wieder Ruhe ein. Ein Dauercamper geniesst mit seiner Frau die Frische des Morgens. Sie machen Frühstück vor ihrem Caravan. Die Strassen sind wieder ausgestorben, öde und verlassen, der Store und die Tankstelle machen vor 9 Uhr nicht auf. Nur die Kakadus schreien immer noch und fliegen geschäftig durch die Bäume. Um 6 Uhr war vom Sonnenaufgang fast noch nichts zu sehen, um 6:15 Uhr ist es hell und um 7 Uhr steht die Sonne schon hoch über dem Horizont. Gleissendes Licht über dem Bushcamp und dieser kleinen Stadt. Heute wird wieder ein heisser Tag. Ich habe gefrühstückt, baue mein Zelt ab, setze mich in mein klimatisiertes Auto und fahre ohne ein festes Ziel gen Westen.

Ist das ein Traum, ist das ein Film? Nein, das ist Croydon im australischen Outback, früh um 7 Uhr.

7:00 Uhr, CarPark Croydon


Es ist 12:10 Uhr und ich bin in Karumba. Ich sitze am Gulf of Carpentaria, die schönste Stelle, die ich nach einer Stunde Rundfahrt durch diese Gegend gefunden habe ist hier: ICE COLD BEER steht in riesigen Lettern auf dem Dach! Ein schönes, einstöckiges Holzhaus steht auf der Düne, grün angestrichen, nach zwei Seiten offen, Sicht auf den Golf. Ich sitze davor im Garten, grünes Gras, Palmen, breitblättrige, junge Bäume. Der heisse Wind ist ziemlich stark, ich muss mein Notizbuch festhalten. Vor mir der Golf. Es ist Ebbe. Die Sonne brennt unbarmherzig vom Himmel, 35° im Schatten. Mein Auto steht ungeschützt in der Sonne, da sind es innen schnell 50 bis 60° und vor dem Einsteigen muss man die Klimaanlage anwerfen. Gleissendes, extrem helles Licht über dem Golf, kein Wölkchen am Himmel. Mein Schatten ist nur 2 ½ Fuss lang. Störche, Pelikane und Reiher stochern im Schlick des Wattenmeeres und im flachen Wasser. Die hellgrüne See mit Sandbänken im Vordergrund geht am Horizont fließend in den blendend hellen Himmel über. Gegenüber am Ufer niedriger Wald. Das ist hier und jetzt zu sehen: Karumba in der Mittagshitze.

Ich habe Karumba gegen 10:30 Uhr erreicht. Die Fahrt von Normanton war völlig unspektakulär: Siebzig Kilometer glatte, zweispurige (!!) Strasse durch eine absolut flache, baumlose Gegend. Relativ viel Gegenverkehr: Ca. 12 Autos kamen mir entgegen, die meisten 4WD. Gestern waren es dagegen von Georgtown bis Croydon (die doppelte Distanz) nur 3 bis 4 Fahrzeuge, denen ich begegnet bin. Überholt hat mich bisher noch niemand. Keine Erhebung, kein Haus, kein Wäldchen in dieser Gegend. Nur endlose, völlig verdorrte Weideflächen ohne Büsche und ohne auch nur einen Baum. Wenige dürre und halb verhungerte Rinder sind zu sehen. Woher kommen die saftigen und dicken Steaks für 10 $, die man an jeder Imbissbude kaufen kann ?!

Was mache ich hier in diesem von Gott und allen landschaftlichen Reizen verlassenen Karumba ??! Dieser Name wird wie ‚Karamba‘ ausgesprochen. Karamba, ist das eine verlassene Gegend !! Wenn es ein Ende dieser Welt gibt, dann ist es hier! Eines von zwei Reisebüros bietet an: Heli-Rundflüge für 50 $, eine Fishing-Tour, eine Safari zu einem (ausgetrockneten ?) Creek. Das alles reizt mich in dieser trostlosen Landschaft überhaupt nicht. Ich habe drei Ansichtskarten mit der Warnung nach Deutschland geschickt: Vermeidet es, nach Karumba zu reisen! Dann habe ich im einzigen ‚Cafe‘ von Karumba eine Bratwurst mit Chips gegessen, den sehr gut sortierten Supermarkt besichtigt und das war alles, was hier in Augenschein zu nehmen war. Ich starte jetzt sofort wieder zurück nach Normanton. Dort werde ich übernachten und entscheiden, auf welcher Route ich zurück in den schönen Osten fahren werde. Das wird allein von der Qualität der Strasse abhängig sein: Safety first. Heute morgen bin ich zwischen Blackbull und Normanton auf der bisher schlimmsten Piste gefahren. Wenn es irgendwie geht, werde ich es vermeiden, auf dieser zerfahrenen Schotterpiste auch wieder zurück zu fahren. Das war auch keine Gravelroad mehr, das nennt man hier ‚Corrugations‘. Der Ausdruck kommt von ‚Furche‘ und die Strasse war buchstäblich ‚zerfurcht‘.

Das Tonicwater ist ausgetrunken. Hier könnte man gut und billig essen, aber gegessen habe ich schon. Noch einmal auf die Toilette und es geht wieder zurück. Einen Rundflug könnte ich mir leisten, aber nicht mal dazu habe ich Lust. Warum sollte ich mir diese trostlose Landschaft auch noch von oben ansehen ?! Kein Vergleich mit der schönen Gegend um das Cape Tribulation. So ähnlich hatte ich mir das auch hier vorgestellt: Grüne Mangrovenwälder, strotzende, pralle Natur. Das alles gab es hier einmal, bevor die Farmer mit ihren Rindviechern hier aufkreuzten.

12:27 Uhr, Sunset Tavern, Karumba


Wieder eine Premiere: Abendessen bei 30° im Auto und draussen ist Gewitter! Leider nicht direkt über uns, aber es regnet ganz schön und Blitze erhellen den dunklen CarPark von Cloncurry. Das Gewitter geht irgendwo im Westen nieder, wo ich herkomme. Jetzt ist es 19:25 Uhr und vor einer Stunde habe ich die imposante Gewitterfront vor Cloncurry gesehen und fotografiert. Vielleicht, hoffentlich, kommt das Gewitter heute nacht zurück. Ich liebe Gewitter und Regen, wenn ich im Zelt liege! Diesen CarPark erreichte ich vor einer guten Stunde. Eine Viertelstunde später war der Check-In erledigt und das Zelt aufgebaut und ausgestattet: Luftmatratze, Schlafsack, Sleepy, Kopfkissen. Das ist alles, was man unbedingt für die Nacht braucht. Als ich damit fertig bin, ist es schon fast dunkel, schwarze, dicke Wolken hängen am Himmel, heftiger Wind rüttelt am Zelt. Aber noch fällt kein Regen. Ich gehe mich noch schnell Duschen, die grösste Wonne am Tag bei dieser Hitze. Als ich wiederkomme, bereit zum Abendbrot, fängt es an zu regnen. Schnell räume ich noch die Sachen für das Abendbrot vom Kofferraum auf die Rückbank des Autos, da fängt es an zu giessen. Ich sitze im Trocknen und geniesse mein Abendbrot: Cruskies (ähnlich wie Knäckebrot, aber besser), Kiwis, Margarine, harte Wurst aus Australien nach Art der ungarischen Salami. Die schneide ich mit meinem Taschenmesser in handliche Stücke, es schmeckt gut, auch wenn die Wurst warm und zäh wie Gummi ist. Der Hunger macht den Appetit. Gestern war es schlimmer, da hatte ich noch keinen Kühlschrank und die Margarine war flüssig ... Heute hat sich der Herr Ingenieur was einfallen lassen: Ein nasses Hemd über Margarine und Wurst und das Ganze auf den Fussboden des Beifahrersitzes. Da wird es von der Klimaanlage gut belüftet: Fertig ist das Kühlsystem. Dass die Kühlbox nicht grösser als zwei Bierbüchsen ist, das ist der einzige Mangel, den ich bisher an diesem großartigen Auto entdeckt habe. Alles ist perfekt: Fahrwerk, Motor, Automatikgetriebe, Lenkung (hervorragend !!), die Sitze, Licht, die Einstellung von Kühlung/Lüftung, Scheibenwischer, Zentralverriegelung, Radio. Die Bereifung ist genau auf diese schlimmen Strassenverhältnisse hier ausgerichtet. Die Einstellung der Seitenspiegel: Phantastisch. Nie bin ich bisher mit so einem fabelhaften Auto gefahren: Es war eine meiner besten Entscheidungen vor dieser Tour, so ein grosses Auto zu ordern. Auf diesen Strassen ist man schon mit einem Auto verloren, das eine Nummer kleiner ist. Je grösser und schwerer das Auto, desto sicherer ist man unterwegs.

Heute hat mich das Fahren überhaupt nicht angestrengt, ganz im Gegensatz zu gestern. Aber offensichtlich gewöhnt sich der Mensch an alles, auch an eine Innentemperatur zwischen 28° und 30°, an die nur drei Meter breite, aber ansonsten hervorragende Strasse, auf der ich heute meistens 120 bis 130 km/h gefahren bin. Deshalb habe ich heute auch 700 Kilometer geschafft. Rekordverdächtig. Man muss wissen, wie gut die Bremsen funktionieren:

Sofort runter bremsen bis zum Stand und so weit wie möglich an den Rand, wenn ein Road Train in Sicht kommt !! Der Fahrer winkt dann lässig und nimmt huldvoll diese Ehrenbezeugung entgegen. Anders geht es aber wirklich nicht auf der drei Meter breiten Strasse: Diese Monster fahren mindestens 100 km/h, eine Zugmaschine und drei 12 bis 15 Meter lange Anhänger, die ganze Ladung wiegt ca. 60 oder 80 Tonnen – wie soll man mit so einem Gerät kurzfristig ausweichen oder gar anhalten ?! Deshalb wohl lagen heute von Normanton bis Cloncurry vielleicht 50 tote Känguruhs und fünf tote Kühe auf der Strecke. Mindestens. Und die Känguruhs sind manchmal gross wie Menschen ... Auch wenn die Strasse wirklich gut ist und zum schnellen fahren quasi einlädt (man wird mit der Zeit immer schneller): Das Fahren hier ist kreuzgefährlich !! Känguruhs hüpfen über die Strasse, natürlich will ich keines überfahren. Kühe und Pferde laufen über die Strasse, Bremsen und Hupen hilft fast nicht. Ein Bulle in grau und gelb (Helga hätte es sofort erkannt, er hatte auch Hörner ...) steht auf dem Randstreifen. Ich hupe: Er wendet sich um, macht einen Schritt auf mich zu, bereit, den Kampf mit dem Blechgegner aufzunehmen. Ich brause mit ca. 60 km/h an ihm vorbei. Ich war schneller als er und es war auch nicht knapp und gefährlich: Zwei Meter Abstand sind ein ausreichender Spielraum. Aber mit soviel Dummheit muss man rechnen, es kann auch mal enger werden.

Entscheidend wichtig ist, dass man den seltenen Gegenverkehr so früh wie möglich entdeckt. Das ist schwierig, weil die Luft über der Strasse flimmert und die Piste wabernd am Horizont verschwimmt: Kommt dort ein Road Train? Ist es nur ein Schild, ein Busch oder sogar eine Kuh? Aber auch hier lernt man mit der Zeit das richtige Sehen: Autos sind zuerst ganz schmal und hoch, optisch durch die Lichtbrechung verzerrt. Meistens spiegelt und blinkt die Windschutzscheibe. Das erste Mal dachte ich, ein Segelschiff taucht am Horizont auf: Fata Morgana. Die Begegnung mit anderen Autos, von denen 90 % 4WD sind, ist problemlos: Runter vom Gas und auf den Randstreifen. Meistens ist da kein grosser Absatz und der Streifen ist fest und ohne Schlaglöcher. Meistens. Und dann wieder rauf auf die Strasse und aufs Gas.

Die schlechteste Strasse gab es gleich am Morgen: Ich starte nach dem Frühstück und den ersten Notizen gegen 7:30 Uhr. Schon um 6 Uhr war ich aufgestanden. Kein Wunder, denn ich lag um 20 Uhr schon in der heissen Falle: 30°. In der Nacht wurde es nicht viel kühler und als ich am Morgen aufwachte, waren es immer noch 26°. Deshalb habe ich auch wildes Zeug von Polygraph Leipzig und einer Messe für Druckmaschinen geträumt. Aber trotzdem habe ich gut geschlafen.

Die Strasse nach Normanton fängt gut an. Aber von den 152 Kilometern sind mindestens 80 Kilometer schlechteste Schotterpiste. Maximal kann man da 80 km/h fahren, Waschbretter, holprige Reste der ehemaligen Strassendecke und etwas ganz Neues: Sandfurchen, die das Auto plötzlich und heftig einseitig bremsen: Gefährliche Corrugations !! Als ich das nach zwei Stunden überstanden und Normanton erreicht hatte, kam mir das erste Mal die Idee, die Fahrtroute zu ändern. Nicht noch einmal diese schreckliche Strecke zurückfahren! Es wäre sowieso endlos langweilig gewesen, denn ausser Bush war auf dieser Strecke nichts zu sehen. Warum also nicht über Cloncurry und Townsville und anschliessend über das schöne Tableland zurück nach Cairns? Aber erst musste ich ja mal nach Karumba, denn das war ja das eigentliche Ziel der Reise und ich war gespannt, was mich da für eine tolle Landschaft am Gulf of Carpentaria erwarten würde.

Ich hatte gehofft, spätestens ab Normanton würde sich endlich die Landschaft ändern. Seit Undara war immer nur der gleiche Bush zu sehen. Jetzt änderte sich die Landschaft tatsächlich, aber sie wurde noch langweiliger, noch eintöniger: Hier hat man mit aller Gründlichkeit den Bush gerodet und in Weideland umgewandelt. Nicht einen Baum blieb stehen. Warum nur ??!



Endlose, freie Flächen, gelblich weiss, flimmernd in der Hitze, verdorrt und staubtrocken. Nie habe ich Gras so unter den Schuhen knirschen und krachen gehört, wie hier, wenn man ein paar Schritte neben der Strasse läuft. Trotzdem springen dabei jede Menge Heuschrecken auf, Libellen schwirren umher und ein kleiner Frosch steigt langsam bei Temperaturen um die 50 Grad in der Sonne (im Schatten messe ich 36) in dieser dürren, ehemaligen Wiese herum !! Wie schafft er das, hier so lange zu überleben, bis es wieder regnet??!

Alle Weideflächen sind eingezäunt, wahrscheinlich sollen die Rinder vor den Road Trains geschützt werden ... Unabsehbar lange Drahtzäune rechts und links, Grids auf der Strasse und das 30, 50 Kilometer lang. Karumba und der Golf kündigen sich mit ein paar Graureihern an, die in diesem dürren, gelben Gras wahrscheinlich nach genau dem Frosch suchen, der dort auf den Regen und nicht auf die Reiher wartet.

Dann endlich ist Karumba erreicht, das Etappenziel. Ich weiss nicht so recht, warum ich von diesem Nest so enttäuscht bin. Es ist nicht schlimmer oder anders, als alle Orte, durch die ich bisher gefahren bin: Eine leere, 40 Meter breite Strasse, drei bis vier Kilometer lang, einige kurze Abzweigungen, wenige, flache Holzhäuser, zwei Hotels, ein Store, ein Café. Unbarmherzige Sonne, warmer, feuchter Wind. Das ist alles. Ich dagegen sah bei dem Namen Karumba vor meinem geistigen Auge: Tropische Mangrovensümpfe, Regenwald, schreiende Kakadus, üppiges Grün, eine Promenade an klarer, blauer See, Segelboote, Geschäfte, Kneipen, Traveller-Szene. So etwas wie die kleinere Schwester der schönen Stadt Cairns. Nichts von alle dem gibt es hier. Ich fahre bis ans Ende der Hauptstrasse. Ein Hafen für Öl und Massengüter, Baustellen, Staubfahnen. Die Strasse endet direkt am Ufer des Golfs. Ich steige aus und stehe mit meinen Sandalen im Schlamm. Rechts und links ein paar niedrige Büsche, eine heisse Steppenlandschaft, soweit das Auge reicht. Es ist Ebbe und statt eines Sandstrandes gibt es hier nur Schlick und Morast und die Aussicht auf eine undurchsichtige, hellbraune Brühe: Das ist der Gulf of Carpentaria !?! Enttäuscht fahre zurück bis zu dem Café. Kuchen gibt es hier nicht und den Kaffee sollte man schnell wieder vergessen ... ein grosser Fehler, wenn man bei ‚Café‘ immer nur an eine Konditorei denkt. Das hier ist ein Mini-Store mit Ausschank. Es ist entsetzlich kalt, wenn man aus der Hitze hier rein kommt. Ich kaufe ein paar Ansichtskarten, schreibe sie im Auto und bringe sie dann gleich zur Post.
Dann fahre ich zum Karumba-Point, angeblich das Touristenparadies in dieser Gegend. Es liegt 4 km vor Karumba. Als ich kam, wollte ich erst mal die Hauptstadt (!) sehen und nicht gleich auf den CarPark. Hier gibt es einen schönen Sandstrand mit Korallenfelsen, die jetzt bei der Ebbe trocken liegen. Aber der Strand ist völlig kahl, ohne Gras, Busch oder Baum, nirgends kann man hier vor der Sonne flüchten. Obwohl ich hier eindeutig in den Tropen bin, kommt kein Flair eines tropischen Strandes in südlichen (richtiger ist nördlichen ...) Gefilden auf. Der heisse, lebensfeindliche, steppenähnliche Outback endet abrupt an der Küste. Im CarPark haben ein paar Caravans Station gemacht. Ich kann mir nicht vorstellen, warum man hier auch nur eine Nacht verbringen sollte!. Auch hier kaum Büsche und Bäume, die Wagen stehen ungeschützt in der flirrenden Mittagshitze. Hier kann man nur sofort wieder umdrehen und das Weite suchen !! Vorher mache ich aber Rast in der Sunset Tavern. Das ist der einzige angenehme Ort von ganz Karumba, wo man im Schatten sitzen und etwas zu essen und zu trinken bekommen kann.

Nach dieser Pause, in der ich meine Eindrücke von Karumba noch einmal überdenke, steht meine Entscheidung fest: Erstens fahre ich hier gleich wieder ab und zweitens fahre ich nicht wieder die gleiche Strecke von heute morgen zurück. Ich werde erkunden, wie die Strasse und der Landstrich in Richtung Süden aussieht. Die Strasse kann nicht schlimmer sein, als die zurück nach Croydon und die Gegend kann auch nur besser werden. Um 12:30 Uhr fahre ich vom Karumba-Point mit der festen Überzeugung ab, nie wieder im Leben hier her zurück zu kommen.

Von Normanton aus führt die Strasse nach Süden in Richtung Cloncurry. Bis Burke & Wills Roadhouse ist 180 Kilometer rechts und links nur verdorrtes, flaches Weideland zu sehen. Kein Baum, kein Strauch, nur endlose Zäune und gelblich-weisses Gras. Ein Funke würde genügen und alles geht in Flammen auf. Allerdings gibt es riesige Flächen, die mit Termitenbauten übersät sind. So viele, wie man es sich nicht vorstellen kann. Mein erster Eindruck war: Wie kommt hier so ein riesiger Friedhof her?! Die Bauten sehen auf den ersten Blick wirklich wie Grabsteine aus, alle haben eine ähnliche Grösse und eine nach oben spitz zulaufende Form. Dann aber wird sofort klar, das sind Termitenhügel: Links und rechts der Strasse, soweit das Auge reicht. Es müssen hunderttausende solcher Bauten sein. In jedem Bau 10.000 Termiten oder mehr – und jede einzelne Termite ist davon überzeugt, dass sie von Jesus Termitus gerettet wird und durch ihn das nächste Mal als Ameisenbär auf diese Welt zurück kommt !! ... Das kann alles nicht wahr sein. Aber wahr ist, dass es in Australien Millionen von Termitenbauten geben muss!

Auf dieser Strasse gibt es keine Brücken, aber es gibt Bäche, die die Strasse kreuzen. Jetzt sind fast alle ausgetrocknet. Statt Brücken gibt es Floodways, das sind Betonstrassen mit Rohren, einen halben Meter im Durchmesser, durch die Niedrigwasser fliessen kann. Bei Hochwasser werden die Floodways überflutet. Hochwassermarken reichen von 0 bis 4 Meter. Es ist eine Frage des Autos und der Risikobereitschaft, bis wann man es sich traut, bei Hochwasser über die Floodways zu fahren. Es gibt auch einen Strassendienst, bei dem man sich vorher erkundigen kann, ob die Strecke frei ist. In Undara habe ich gefragt: ‚Bis Karumba? Kein Problem .... zur Zeit!‘

Das Radio meines Autos funktioniert hervorragend. Ich habe es meistens an und lerne auf diese Weise das australische English zu verstehen. Auch im Radio wird dieser seltsame Dialekt gesprochen. Ich verfolge den Wahlkampf. In ein paar Tagen wird hier ein genereller Regierungswechsel erwartet. Die Argumente im Wahlkampf sind die gleichen, wie in Deutschland: Staatsdefizit, Arbeitslosigkeit und Wirtschaftswachstum. Die Probleme der Aborigines sind dabei kein Thema. Nur bei der Forderung der One Nation Party nach Bildung für alle, sind auch sie eingeschlossen.

Gleichzeitig mit dem Wahlkampf finden die Commonwealth Games in Kuala Lumpur statt. Es ist ungeheuer wichtig, wie viele Gold-, Silber- und Bronzemedaillen Australien erkämpft. Reportagen, Interviews, Updates und Hintergründe werden Tag und Nacht über alle Sender geliefert. Ich fühle mich lebhaft an die DDR und ihre Sporterfolge erinnert. Offensichtlich leben hier die gleichen Menschen, die so was interessiert.

Ein überfahrenes Rind löst sich am Strassenrand langsam wieder in seine Bestandteile auf. Nach einem Jahr sind nur noch die einzeln sauber abgenagten und von der Sonne gebleichten Knochen über eine Fläche von 10 x 10 Meter verteilt. Nur die Haut mit den Hörnern stinkt noch. Die Überreste scheinen auch für die eigenen Artgenossen höchst interessant zu sein, denn überall sind die Spuren der Hufe von Rindern und die grossen Haufen zu sehen, die sie aus unerfindlichen Gründen gerade hier zurück lassen.

Um 16 Uhr erreiche ich Burke & Wills Roadhouse. Hier kreuzen sich die zwei einzigen Strassen in dieser Gegend, aber mehr als eine Tankstelle mit Superstore und eine Kneipe, in der man auch übernachten kann, gibt es hier nicht. Burke und Wills sind bei einer Expedition in dieser Gegen vor hundert Jahren umgekommen. Sie wollten die Gegend erkunden, aber irgendwann war ihr Proviant alle. So eine unwirtliche Gegend ist das heute immer noch, allerdings gibt es heute hier bessere Strassen und man kann seinen Proviant einfacher wieder auffüllen. Ich brauche nichts und nach einer Ehrenrunde auf dem leeren Parkplatz, so gross wie drei Fussballfelder (wozu?), fahre ich weiter. Nach dieser Strassenkreuzung mit Tankstelle wird die Landschaft interessant. Hier stehen einige der Vulkane, die zu Zeiten von Undara ausgebrochen sind und Asche und Lava über diesen Landstrich verteilt haben. Hier ist das australische Rot besonders dunkel, verwitterte Lavakegel stehen in der Landschaft. Die Strasse windet sich durch diese Hügel: Riesige Lavablöcke liegen im mit Buschwerk und wenigen, niedrige Eukalyptusbäumen bewachsenen Gelände. Mit dem Wissen über Undara kann man diese interessanten geologischen Erscheinungen zuordnen. Undara muss unvorstellbare Wirkungen und Ausmasse gehabt haben! Noch jetzt ist das hier eine lebensfeindliche Gegend, wo nicht viel wächst. Vielleicht kommt das ganze australische Rot aus dem feurigen Untergrund dieses Kontinents ?! Vom Randstreifen nehme ich hier für Conny zwei Hände voll roten Strassenstaub mit. Das hier ist Australien, australischer geht es nicht mehr. Dazu kommen noch ein paar kristalline Steine, mit denen die ganze Ebene um einen solchen alten Vulkankegel herum übersät ist. Tausende solcher schönen Steine liegen hier im spärlichen Gras, seit sie der Vulkan ausgespuckt hat. Noch nie hat sich ein Mensch darum gekümmert, noch nie hat ein Mensch diese Steine angefasst.

Es regnet immer noch, aber das Gewitter ist leider weit weg. Es wird keine Nacht in Sturm und Regen werden. Heute habe ich alles, was nicht ‚bewusstseinspflichtig‘ ist, verloren: Die zweite Brille, den zweiten Stift für die aktuellen Notizen, Kleingeld fällt aus den Brusttaschen meines an sich so praktischen Hemdes, das Anhängersystem für den Autoschlüssel war kurzzeitig mal weg, das Taschenmesser war im Kofferraum nicht mehr aufzufinden ... Alles kein grosser Crash, das sind nur die Nääähhrrvväännnn!

Trotzdem und trotz Karumba: Heute war ein sehr interessanter Tag !!

Ausführlicher Bericht: www.storyal.de





1. Kapitel
LAVARÖHREN IN UNDARA
Geschichte Australiens - Sträglinge die ersten Weißen...
Ratschläge, Tipps & Tricks
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Autor: Jürgen Albrecht
erstellt: 06.12.2003
gelesen: 4056 mal
Stichworte: Australien, Outback, LAVARÖHREN IN UNDARA, KARUMBA ,
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