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Wir ahnen nicht, was uns da erwartet in den Zentral-Cordilleren! In atemberaubenden Kehren geht es bis zu 2500m bergauf und bergab. Im engen Tal ganz unten tropische Pflanzenwelt, ein Tunnel von Bambus- gebüsch und rot blühenden Pfefferbäumen und wenig später zieht schräg über uns der Kondor seine Kreise. Wir sind in einer Höhe von etwa 4000m. Hin und wieder müssen wir uns einen Weg graben oder ebnen, nachdem sintflutartige Regenfälle die Piste weggespült haben. In diesen Tagen bewältigen wir gerade eben 100 bis 150 km während eines zehnstündigen Fahrtages... , Reiseberichte, Fotos, Bilder, Reiseinformation, Reisetipps weltweit. Schreiben Sie Ihren Reisebericht. Zeigen Sie Fotos und Bilder online. Reiseerfahrung mit anderen teilen!
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Bolivien: Durch die Zentral - Cordilleren

Ein neuer spannender Tag

Bei unserem Start am folgenden Morgen erreichen uns die ersten Sonnenstrahlen tief unten im Tal. Es ist jetzt schon etwa 20°C warm. Wir erkennen weit über uns eine düstere, streifig rot-weiße, steil aufragende Felswand, darüber strahlend blauer Himmel. Wenn wir dort oben sind, werden wir einen herrlichen Rundblick haben....

Rasch lassen wir das schmale, fruchtbar-grüne Tal hinter, oder besser unter uns: die Brücke neben unserem nächtlichen Standplatz wird beim Blick nach unten immer kleiner bis wir sie nicht mehr sehen können.

Stattdessen sind wir plötzlich auf gleicher Höhe mit der mächtigen Felswand, die uns noch von unten aus der Tiefe so bedrohlich erschienen war.
Die Landschaft hat sich völlig geändert: Wir befinden uns auf einer Art Zwischenebene, mit vielen dunklen Felsen und dazwischen mehreren runden, z.T. mit derbem Gras oder Flechten grünlich bewachsenen Hügeln. Jeweils wieder fünf-, sechs- oder vielleicht achthundert Meter hoch. Über uns schwebt ein Kondor und zieht majestätisch seine Kreise. Ohne Flügelschlag. Bis er am Horizont verschwindet.

Unser Paß führt uns unaufhörlich weiter bergan. Wir haben die 3000-Metermarke bereits weit hinter uns gelassen. Dennoch geht es scheinbar endlos aber stetig weiter hinauf. Eine Kurve nach der anderen. Da die Piste wieder jene tückischen und lästigen “Wellblech”-Unebenheiten aufweist, pendelt die Tachoanzeige bei 10 bis 15 km/h. In den vergangenen Stunden sind uns keine Fahrzeuge mehr begegnet. Es herrscht eine
eigenartige Stimmung. Eine Mischung aus unendlicher Einsamkeit und Weite, gewaltigen Gebirgsmassiven, kahlem Bewuchs und natürlich recht kargen Lebens- und Überlebensbedingungen für Pflanze, Tier und Mensch.

Daher sind wir vielleicht besonders beeindruckt von einigen Gehöften hier oben in dieser Höhe von
unterdessen beinahe 4.000 m. Unmittelbar neben den flachen Häusern findet sich außer dem wilden und geröllhaltigen jetzt aber fast leeren Bachlauf eine kunstvoll am Steilhang verlaufende Wasserrinne. Sie versorgt aquädukt-ähnlich all die winzigen Terrassenfelder mit Wasser. Eine für uns kaum vorstellbar mühsame Art, später Kartoffeln oder Getreide ernten zu können, wobei diese Felder kaum größer sind als etwa die Grundfläche eines kleinen Zimmers.
.
Noch etwas weiter oben kommt dann sogar ein kleines Dorf in Sicht. Mit einer Schule, einem Sportplatz und einem Telefonhäuschen. Wir werden sehr häufig auch in den kleinsten Dörfern mit Lehmhäuschen plötzlich am Rand oder in der Mitte des Ortes eine Telefonzelle sehen. Vielleicht hat “Entel” einen Entwicklungshilfe-Auftrag bekommen, alle Dörfer Boliviens an ein Telefonnetz anzuschließen? Über die Sinnhaftigkeit dieser Errungenschaft habe ich allerdings einige Zweifel: mir fallen viele Dinge ein, welche die Landbevölkerung
sicher wesentlich dringender benötigt hätte...
Am Wegrand sitzen einige Bauersfrauen in ihren bunten Röcken, Tragtüchern und dem typischen braunen Filzhut auf dem Kopf. Sie haben Gepäck dabei und warten wohl auf den Bus oder einen Laster, der sie mitnehmen würde, vielleicht nach Villa Abecia!! Einige Kinder spielen vor den Türen der braunen Lehmziegelhäuser. Mehrere Esel trotten über den Weg. Man mustert unsere Autos mit freundlicher Neugier und winkt.

Unser Weg führt uns weiter bergan. Die vorhin noch unüberwindlich scheinenden fernen und hohen
Berggipfel des Condors liegen nun auch schon fast in “Augenhöhe”. Längst habe ich aufgehört, die Zahl der Kehren und Kurven aufzuaddieren. Der Höhenmesser bewegt sich auf 4300 zu. Wir überqueren den wirklich letzten Gipfel und vor uns tut sich eine riesige weite flache Hochebene auf. Das längs verlaufende Band unserer Piste ist vielleicht 20 oder 30 km zu verfolgen. Im Hintergrund zwei Seen. Durch das Fernglas meint
man, Flamingos zu erkennen.

Auf dieser kahlen Hochebene sehen wir hin und wieder ein Gehöft mit ein oder zwei Häusern und
umzäunten Stallungen an der Piste. Wenn es weiter ab liegt, führt eine Wagenspur hin. An der
Einmündungsstelle dieser Spur zur Piste ist jeweils eine kleine rundliche Steinmauer aufgerichtet. Vielleicht zum Schutz, wenn man warten muß. Alles wirkt ausgesprochen karg und ärmlich, der Boden besteht aus Sand und Schottergestein. Kaum Gras, keine Bäume, keine Büsche. Selten ein Schaf oder eine Herde Lamas.

Gelegentlich steht auf einer bunten Tafel der Hinweis, daß man hier an einem Entwicklungshilfe-Programm arbeite. Wir sehen, daß in den Dörfern bei jedem Wohnhaus ein (neues) Toilettenhäuschen gebaut ist mit einem Spülstein außen dran und einer Wasserleitung. Und wir lesen, daß dieses “Projekt Trinkwasser und Hygiene” von Holland im Rahmen eines Hilfsprogrammes der Europäischen Union betreut wird. Später
erkennen wir ähnliche Hinweisschilder, mit denen auf eine Schule, ein “Programm gegen Hunger”,
besondere Agrarvorhaben und anderes mehr aufmerksam gemacht wird. Wir sind wieder etwas versöhnt mit den Aktivitäten der Entwicklungshelfer, nachdem sich in den
funkelnagelneuen, kleinen Häuschen aus Glas oder in roter und grüner Farbe, die wir am Wegesrand in den bolivianischen Hochanden sehen, nicht nur Telefone finden, sondern hin und wieder auch eine
Wasserleitung oder ein Herzchen an der Tür. Nun ist der Slogan “Wasser und Toilette für jeden Hof” in der Tat auch sinnvoller, zumindest jetzt, wenn noch gar nichts da ist, als etwa jener, der “einTelefon für jedes Dorf” fordert.
Die Abfahrt von dieser Hochebene folgt einem Flußlauf.

Dabei ist oft nicht eindeutig ersichtlich, ob die Piste primär im Flußbett verläuft oder ob der Fluß sich die Straße als Wegmarke gesucht hat. Immerhin ist für uns die Richtung durch ältere LKW-Spuren vorgegeben, wobei der aktuelle Verlauf durch einen niedrigen Wasserstand -zumindest hier im Oberlauf- keine großen
Ansprüche an die “Wat-Tiefe” der Autos stellt.
Unterdessen ist von rechts eine fast noch etwas schmalere Piste als die, auf der wir uns gerade bewegen, zu uns gestoßen, sodaß wir vom Weiler Iscayachi an unseren Weg als “Staatsstraße 1” bezeichnen dürfen.

Zumindest sieht das so aus auf unserer grob-gedruckten original-bolivianischen Straßenkarte.
Wie zum Hohn geht es gleich danach in Serpentinen im und am, längs und quer, neben und durch den Fluß, eher im Geröll als auf einer Piste, geschweige denn einer “Staatsstraße”, weiter in die Tiefe. Gelegentlich mit
atemberaubenden Ausblicken auf die Bergketten hinter und die Täler vor uns.

Dann schlängelt sich der Weg wieder durch zwei fast beängstigend nahe aufeinander zustürzende, steil aufragende Felswände. Tief rotbraun meistens, gelegentlich schwarz.

Schließlich mündet die Piste, nun wieder bei vielleicht zweieinhalbtausend Metern Höhe, in eine urwaldähnliche Anpflanzung eines kleinen Dorfes. Die Bäume und Büsche hüllen ähnlich wie am Vortag die Piste in eine Art grünen Tunnel ein, wobei die Spuren in dem lehmigen Boden zu Schienen, bzw. tiefen Rinnen werden, die einen fortführen, bis das Ganze unversehens einfach in dem jetzt recht breiten aber flachen Fluß mündet. Ende des Weges!

Hier kann man nun entweder flußauf- oder abwärts abbiegen, im Wasser anhalten, baden, sich, seine
Wäsche oder sein Auto waschen oder einfach parken. Oder man fährt am jenseitigen Ufer wieder in das grüne Loch. Dann kommt man, wie wir, etwas später erneut auf festen Grund und findet sich wenige Meter weiter plötzlich wieder. Und zwar auf der Hauptstraße des Ortes fahrend! Zumindest gibt es rechts und links
dieser Straße mehrere Geschäfte, Kneipen und Werkstätten. Und es gibt hier einige Bewohner, die uns halb erstaunt und halb neugierig mustern.
Nach etwa 250 km von der Grenze und fast zwei Tagen Paßfahrten auf und ab nähern wir uns endlich dem winzigen Städtchen Villa Abecia.
Wieviel Menschen mögen hier in seinen Mauern wohnen? Ein oder zwei Tausend vielleicht. Mehr sicher nicht! Von der letzten nun schon deutlich niedrigeren Anhöhe sieht man den Ort besonders schön. Er erinnert eher an eine Oase mit seiner Ansammlung von Häusern und Pflanzen in dieser jetzt doch eher unwirtlichen Gegend, durch die wir zuletzt gekommen sind.

Die Einfahrt in das Städtchen aber ist, mit Verlaub, ein Schreck!

Man durchquert ein jauchiges Rinnsal, das vormals vielleicht ein stolzer Grenzfluß gewesen sein mag, passiert die Abraumhalde der Stadt, in der sich schwarze Schweine durch den Müll fressen und wird wie zum Hohn von einer Abwasserleitung herab begrüßt, auf deren Hülle die Stadtväter ihr Willkommen geschrieben haben.

Nein, so hatte ich mir die Einfahrt nach Villa Abecia wirklich nicht vorgestellt. Erst nach einiger Zeit, im Schatten der herrlichen Bäume auf der Piazza, neben den spielenden Kindern auf
dem Rasen, der Radiomusik aus einem der Häuser und entspannt auf einer Parkbank sitzend, erst dann kommt ganz langsam das Gefühl auf, da zu sein, angekommen zu sein, ein weiteres Zwischenziel erreicht zu haben auf unserer langen Reise.

Nämlich in dem Städtchen mit dem wunderschönen Namen “Villa Abecia”. Einem Ort, den ich in keinem Führer erwähnt finde, den zu besuchen uns niemand empfohlen hatte und den kein Mensch kennt. Mir war er nur bei der Routenplanung aufgefallen als einer der ganz wenigen markanten
Punkte auf unserer Landkarte. Und natürlich wegen seines wohlklingenden Namens, von dem irgendwie ein

Zauber auszugehen scheint. Ich sage ihn nochmal ganz langsam: “Villa Abecia”....
Jetzt haben wir dieses Städtchen erreicht. Nach dem einmaligen Erlebnis einer 250(!) km langen Paßfahrt.

Einer Paßfahrt durch die Andenzüge in Bolivien. Die so nicht geplant war. Die wir so nicht erwartet hatten. Und die so noch keiner von uns bisher erlebt hatte.
© 2000, Prof. Eike Uhlich
www.uhlich-online.de
Potosi, die ehemals reichste Stadt der Welt
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Autor: Eicke Uhlich
erstellt: 02.10.2004
gelesen: 2557 mal
Stichworte: Bolivien, Cordilleren
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