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Sucre ist die Hauptstadt von Bolivien. Wir erleben sie im Faschingstaumel und empfinden hier, wie übrigens auch in der alten Gold und Silber-Stadt Potosi, die vor 300 Jahren größer und reicher war als Paris oder London, und in La Paz die spannungsgeladene Mischung aus rächtiger spanischer Kolonialzeit und bitterer Armut heute. , Reiseberichte, Fotos, Bilder, Reiseinformation, Reisetipps weltweit. Schreiben Sie Ihren Reisebericht. Zeigen Sie Fotos und Bilder online. Reiseerfahrung mit anderen teilen!
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Bolivien: Von Sucre nach Norden

Schlammlawinen, Flußdurchfahrten und Erdrutsche

Auf der Polizeiwache direkt am Dorfplatz hängt nur die Uniformjacke am Stuhl hinter dem Schreibtisch. Der Dorfpolizist feiert wahrscheinlich auch Fasching. Wir können ihn nicht finden. Auch er bleibt uns damit die
Antwort auf die Frage nach der weiteren Befahrbarkeit der Staatsstraße Nr. 6 schuldig.
Im Ergebnis weiß also niemand in diesem Andendörfchen Bescheid über die Straßenverhältnisse bis zum nächsten Ort. Wen auch sollte das heute und hier interessieren? Zur Faschingszeit, wie gesagt!

Also starten wir einfach so. In’s Ungewisse. Auf gut Glück. Und etwas skeptisch hinsichtlich der vielleicht auf uns zukommenden Hindernisse und Probleme.

Und die sollten dann überhaupt nicht lange auf sich warten lassen!Wir kurven bei etwa 3.600 m Höhe auf der Piste, oder dem, was noch von ihr übrig ist, Richtung Westen. Dabei wissen wir nicht, ob es leichter ist, durch braune Schlamm-Seen zu schliddern, im Schritt-Tempo die
engen und jetzt widerlich schlüpfrigen Gebirgspisten hinauf oder herunter zu kriechen. Ohne jede Sicht nach oben oder unten. Oder ob es aufregender ist, über Geröllhänge zu schwanken und bei den Flußdurchquerungen darauf zu warten, plötzlich in ein unsichtbares Loch zu rutschen. Diese gurgelnden, braunen Gebirgsflüsse haben durchaus ihre Tücken.

Doch dann kommt erst die richtige Herausforderung:
Plötzlich ist die Piste weg. Von der sich ursprünglich in das Tal einpassenden U-förmigen Kurve fehlt der gesamte Bogen: das nächtliche Gewitter hatte das Gewässser zu einem zerstörerischen Sturzbach anschwellen lassen. Statt vor dem ursprünglichen etwa 30 m langen Pistenabschnittes stehen wir nun vor
einem riesigen Geröllfeld, das vielleicht überwunden werden kann. Dann ist da der jetzt noch etwa 3 m breite und ziemlich tiefe Bach, der schwierig passierbar scheint. Und schließlich sehen wir einen mindestens 1 m
hohen Absatz zur Straße drüben, der nicht ohne weiteres zu bewältigen ist.

Während wir noch überlegen, gesellt sich ein Motorradfahrer in Straßenarbeitermontur zu uns.
Sehr rasch steht fest: Wenn wir hindurch wollen, müssen wir einen Übergang bauen!
Und wir wollen weiter!
Also werden wir bauen!

Der Straßenarbeiter verspricht, uns zu helfen.
Über eine Stunde lang werfen wir Steine und Felsbrocken in den Bach, um eine Art Rampe zu bauen. Dann wird die Kante der weggespülten Piste in einem zweiten Arbeitsgang abgetragen, so gut es eben geht.

Unser neuer Freund schafft bei diesen Straßenbauarbeiten wahrscheinlich mehr als wir alle vier zusammen.
Er ist viel jünger als wir und außerdem an genau diese Arbeit ebenso wie an die Höhe von fast 4000 m gewöhnt, denken wir uns.
Kaum jemand wird so recht nachempfinden können, wie ewig lang die Minuten werden, bis die Fahrzeuge sich über das Hindernis gezogen, geschleppt und gequält haben. Zunächst in atemberaubender Schräglage, dann wieder tief nach vorn abstürzend und schließlich wie störrisch aufbäumend. Alles natürlich ganz
langsam, sozusagen im Schneckentempo.

Wenn die beide Autos dann wieder auf der anderen Seite stehen, fallen einem mindestens so viele Steine vom Herzen, wie man vorher im Bach versenkt hat. Und ich denke mir, daß ich nur noch ganz leise über schlechte, rauhe, holperige Pisten stöhnen werde. Hauptsache, es ist überhaupt eine da!

Voll Freude und Stolz geht’s weiter: nun kann eigentlich nichts mehr passieren. Schlimmer kann’s nicht mehr werden. Uns kann keiner! Wir packen’s ja doch immer wieder!
Und dann:.....
Das gibt’s doch nicht!!

Keinen Kilometer weiter: der nächste Fluß! Und wieder ist die Straße weg!

Diesmal sieht es noch schwieriger aus.
Der Straßen-Abbruch ist noch schräger als der vorhin. Und noch etwas tiefer. Auch der Wasserverlauf erscheint uns eher noch ungünstiger für eine Passage.

Aber: Unser Straßenarbeiter ist schon da!
Und er läßt keinen Zweifel, daß erneut Bauarbeiten anstehen!
Zur Verdeutlichung seiner Ansicht holt er aus einem Bauernhaus in der Nähe - wie kann man nur hier oben als Bauer sein Leben fristen, denke ich unwillkürlich, ehe ich mich rasch wieder unseren eigenen Problemen widme - einen Spaten und eine Hacke (“um die Piste anzuschrägen”, verdeutlicht uns unser BauarbeiterFreund) und schleppt schon wieder riesige Felsbrocken herbei, die er gekonnt erneut als Rampenfundament
in den Flußlauf kippt.

Die Zusammenarbeit klappt jetzt schon hervorragend.
Steineschleppen, Erdbewegung, Kante abhacken usw. Es vergehen ein oder zwei Stunden richtig harte Arbeit. Knochenarbeit, wie man so sagt: Wir sind naß geschwitzt, außer Atem und durstig. Aber die Zeit vergeht wie im Fluge. Erst hinterher und am nächsten Tag werden wir merken, wie erschöpft wir sind.

Unverzagt und gleichmütig, fast fröhlich arbeitet unser Vorarbeiter an der Furt. Man merkt, daß er diese harte Arbeit gewöhnt ist. Der Regen scheint ihm ebenso gleichgültig zu sein wie die Schlammfontaine, die
ihn jedesmal überschüttet, wenn er einen riesigen Steinbrocken in den Fluß wirft.
Schließlich aber ist er’s zufrieden und gibt - auf die ihm jetzt schon von der ersten Durchquerung her bekannte Geländegängigkeit der Autos vertrauend - das Startzeichen zum Hindernisrennen.

Es geht wieder alles gut, obwohl ich sehr sicher bin, daß beide Fahrzeuge hart am Grenzbereich zum
Umkippen gefahren sind. Vielleicht geben die Dias dann später daheim wenigstens etwas von der Dramatik wieder, die auch hier wieder greifbar und kaum zu überbieten ist.

Das sicher schmale monatliche Salär unseres “Kapo” wurde übrigens zu seiner größten Freude ein wenig von uns aufgebessert! Wir verabschieden uns sehr herzlich und dankbar von ihm. Wahrscheinlich ahnt er kaum, wie sehr er uns geholfen hat.

Weitere Rampen und Furten müssen dann glücklicherweise nicht mehr gebaut werden. Ein kleinerer Erdrutsch auf einer Paßstraße zwingt uns schließlich nochmal zum Steinerücken und Felsen wegschieben:
eine vergleichsweise wenig aufregende Aktion.
Aber dann gibt es auch für uns kein Durchkommen mehr!

Ein Erdrutsch mit 40 bis 60 Meter verschütteter Straße und einer geschätzten Arbeitszeit von mehreren Tagen mit schwerem Arbeitsgerät zwingt uns schließlich doch zur Umkehr und zum Wechsel auf eine andere Route in Richtung La Paz.
Wir geben zu: die Weiterfahrt auf schlechten, aber zumindest benutzbaren Pisten ist dann doch wieder ganz erfreulich. Und wir sind uns einig: im Moment und fürs erste ist unser Bedarf an Schlammlawinen, Flußdurchfahrten und Erdrutschen gedeckt!
© 2000, Prof. Eike Uhlich
www.uhlich-online.de
Abenteuer Staatsstraße Nr. 6
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Autor: Eicke Uhlich
erstellt: 11.10.2004
gelesen: 2254 mal
Stichworte: Bolivien, Sucre, Potosi
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