Mit dem Rolls in die WüsteUnter allen Fortbewegungsarten ist jene im Rolls Royce am angenehmsten. Besser mit 12 Zylindern sanft durch die Landschaft gleiten, als sich auf vier Pötten den Allerwertesten wund scheuern zu lassen. Auch wenn 99,99 Prozent der Weltbevölkerung dieses Schicksal nicht erspart bleibt, hindert es uns nicht daran, die Vorteile des automobilen Fortschritts in Anspruch zu nehmen. Gewiss, so ein Vergnügen ist nicht billig. Deshalb sparten wir an der Unterkunft. Statt der Präsidenten-Suite für 16 000 US Dollar die Nacht haben wir uns im Burj Al Arab dieses Mal mit der Club Panorama Suite begnügt. In luftigen 250 m Höhe und 330 Quadratmetern auf 2 Etagen, sowie fünf Räumen / Bereichen + Bad (inklusive großem Whirlpool) und Gäste WC, eigenem Billardzimmer, eigenem Barbereich, sowie Ankleideraum, Küche und Gepäckkammer – haben wir es uns auf engstem Raum gemütlich gemacht. Man spart eben, wo man kann.
Nachdem der Butler in einem halbstündigem Einführungskurs uns mit der Inbetriebnahme des neuen Obdachs vertraut gemacht hat, getrauen wir uns nun auch selbst, per Mega Fernbedienung Licht, Luft und Multimedia zu steuern. In der Suite knipst man zum Beispiel nicht einfach nur das Licht an. Am Anfang steht immer die Frage, in welcher Stimmung sich der Bewohner befindet – entsprechend wird die Wohnanlage dann illuminiert. Das Gleiche gilt für Vorhänge, Luft, Sound. Nach kurzer Erholungsphase im Himmelbett steht nun das Wüstenabenteuer auf dem Plan.
Um halb vier geht’s los. Unser Ziel, Sonnenuntergang in der Oman - Wüste. Ein Rolls Royce erweist sich dabei in vielerlei Hinsicht als komfortabel. Am wichtigsten erscheint mir aber der eingebaute Kühlschrank. Wie sonst bei 40 Grad Außentemperatur an kalten Champagner gelangen?
Während uns auf der Fahrt aus Dubai City heraus noch der eine oder andere neidvolle Blick streift, ändert sich das auf dem Lande gewaltig. Ob man hier in einer Nobelkarosse oder im schrottreifen Nissan vorfährt – dem Einheimischen ist’s gleich.
Am Horizont entdecken wir einige Kamele und heißen unseren Chauffeur anhalten. Flugs joggen wir über die Sanddünen in Richtung Höckertiere und entdecken dabei in einem Sandtal Sulduk, den Kameltreiber.
Ein echtes Gespräch kommt wegen Sprachbarrieren nicht zustande. Dennoch ist der Mann hocherfreut, uns hier zu treffen. Voller Stolz führt er uns seine Tiere vor – wir sind mehr als willkommen, in dieser Einöde. Nach einem Kauderwelsch Small Talk ohne erkennbaren Sinn aber in freundlicher Atmosphäre verabschieden wir uns von dem einsamen Wüstenmann. Denn jetzt steht der Sonnenuntergang auf dem Programm.
An irgendeiner Sanddüne mitten in der Wüste nahe dem Oman muss unser Silver Seraph wieder stoppen. Zeit, um eine geeignete Umgebung für unseren Champagner zu suchen. Alkoholkonsum ist in Arabien nämlich streng verboten und wird mit Gefängnis nicht unter einem Jahr geahndet. Vorsicht, Umsicht und Taktik sind daher die Mütter des Alkoholgenusses in Arabien.
Mit einer Tarntasche, in der sich zwei Gläser und der prohibitive Schaumwein befinden, machen wir uns auf dem Weg. Beim Aussteigen klappern die Sektfloeten zwar verdächtig, unser Chauffeur hat es aber Allah sei Dank nicht bemerkt. Im Übrigen denkt nicht nur er, sondern wohl auch das ganze Hotelpersonal, dass hier zwei Verrückte am Werk sind. Wer sonst lässt sich im Rolls Royce zum Sonnenuntergang in die Wüste fahren? Das sei jedenfalls in vier Jahren Burj Al Arab noch nicht vorgekommen.
Die Szenerie des Einzigartigen wird noch unterstützt durch eine Gitarre, die wir mit auf dem Weg nehmen. „In einer Stunde sind wir wieder zurück!“ – rufen wir dem Chauffeur zu. „Bitte verlauft euch nicht...“ so die letzten Worte des etwas entgeisterten Fahrers.
Und dann beginnt eine einzigartige Stunde. Mitten in der Einsamkeit der arabischen Wüste, im Schutze ein Sanddüne, knallt der Champagnerkorken, stoßen Gläser zusammen, erklingt eine Gitarre. Mit gespannten Augen verfolgen wir den Sonnenuntergang. Schöner kann ein Abschluss einer Reise nicht sein. Morgen geht es wieder zurück – ins kalte Europa.
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