WO DIE WILDEN KERLE ESSENVergesssen Sie „Fear Factor“. Der wahre Ekeltest für harte Männer findet alljährlich beim ‚Wildfoods Festival’ in Neuseeland statt. Da gibt’s Maden und Bullensperma sattEine giftgrüne Zahnbürste steckt in der Gesäßtasche von Gareth Fryers Jeans. Sie leuchtet mit seinem von Sonne und Alkohol geröteten Gesicht um die Wette. Der 27jährige Pferdeschwanzträger, der am liebsten beim Fernsehen wäre und in Wirklichkeit Gärtner ist, hat endlich seinen großen Auftritt: Heute darf er sich vor Publikum erleichtern. „Wo ich herkomme, wird man durch kotzen berühmt,“, sagt er, schiebt die verspiegelte Sonnenbrille ins Haar und betritt die Bühne. Die ist eigentlich nur ein seitlich aufgeklappter Laster. Dort warten sechs weitere Kandidaten und eine Batterie von Schraubgläsern. Der schmierige Inhalt ist von außen kaum zu identifizieren. Fischaugen, Bullensperma, Ochsenzunge, Schafskutteln, Grashüpfer, Hasenhoden liegen darin - alle im Roh-Zustand. Guten Appetit und willkommen beim „Wildfoods Festival“ in Hokitika an der Westküste Neuseelands.
Dabei hatte alles so zahm angefangen, als sich vor 15 Jahren 1.800 Gäste um die Stände des ersten, spontan inszenierten Wildfoods Festival scharten und probierten, was die Küche der Einheimischen aus Flora und Faune hergab. Der kleine Fresstreff wurde Geheimtipp, dann Kult, und mittlerweile ist er legendär – und riesig: In diesem Jahr werden bereits zehn mal so viele Besucher, rund 20.000, in dem gerade mal 3.500 Einwohner zählenden Fischer- und Farmerstädtchen erwartet. „Wildfoods“ hat Maßstäbe für verwöhnte Gourmets wie für furchtlose Angeber gesetzt. Wo sonst auf der Welt kann man an Schweineohren knabbern, vom Opossum naschen und sich am Stechginsterwein laben?
Seit Freitag Nachmittag ist die Bergstraße von Christchurch, dem Zentrum der Südinsel, in das vier Stunden entfernte Hokitika verstopft. Über den Pass kämpfen sich bunt bemalte, mit Holz und Glas zum Hippie-Wohnmobil umgerüstete Laster. Die batikbetuchten Bewohner der „House Trucks“ bringen sich zum wilden Essen ihre eigenen Wildkräuter mit - vor Ort sind die Joints an diesem Wochenende garantiert schnell ausverkauft. Die eigentlichen Stars sind jedoch die „Coasties“, die Westküstenbewohner selber, deren Gen-Pool sich vornehmlich aus Wildschweinjägern und Goldwäschern zusammensetzt. Ihr Dialekt ist schwer verständlich, ihre Bewegungen sind langsam, die Füße stecken in Motorradstiefeln oder Gummilatschen und die vom Angeln und Marihuana-Anbau nicht übermäßig strapazierten Schultern bedeckt ein Holzfällerhemd. Als „Ferals“, als Verwilderte, hatte Neuseelands Premierministerin diese Sorte von Bürgern unlängst bezeichnet, und die „Coasties“ danken es ihr, indem sie den am Vorabend des Festivals stattfindenden Ekel-Wettbewerb nicht „Fear Factor“, sondern „Feral Factor“ taufen.
Moderator Ricky vom Lokalsender Coast F.M. schraubt die erste Dose auf und hält sie den sieben Mutigen auf der Bühne unter die Nase. „Nur riechen, noch nicht anfassen!“ ruft er. Der 24jährige Courierfahrer Mark Dalley zuckt zurück. Nicht nur der Geruch, vor allem der Anblick ist gewöhnungsbedürftig: Fischaugen, so groß wie Ping-Pong-Bälle. Samantha Crastidis, 21jährige Arbeiterin und eindeutig betrunken, schiebt sich die Glubsch-Kugeln hinter die Kiemen, schluckt und würgt und greift zum nächsten Augapfel. Kurierfahrer Mark verlässt freiwillig die Bühne. Gareth, der verhinderte TV-Star, holt demonstrativ seine Zahnbürste raus und kratzt sich die letzen Fischfasern aus dem Gebiss. 9,3 Sekunden hat er gebraucht – und alles unten behalten. Gareth strahlt. Es kann weitergehen.
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